Der Weg des Helden: Der Archetyp des Helden und seine Bedeutung in der Therapie
01.05.2024
In seinem Buch „Warum wir denken, was wir denken: Wie unsere Überzeugungen und Mythen entstehen“ untersucht Jordan Peterson, wie Menschen im Laufe der Zeit die Struktur ihrer Überzeugungen und Werte aufgebaut haben – und immer noch aufbauen. Dazu analysiert er die Themen und Archetypen, die in allen Mythologien und großen Geschichten der Menschheit wiederkehren, Zeugnis der Art und Weise wie das Selbstbewusstsein entstanden ist. Einer der vier Hauptarchetypen ist der Held oder die Heldin, deren Hauptmerkmal der Mut ist, sich freiwillig dem Unbekannten zu stellen, das vor dem man sich fürchtet (Drachen, Chaos, Monster), und dadurch das notwendige Wissen zu erlangen, um das eigene Dasein und das der Gesellschaft insgesamt am besten anzupassen.
Den Mut haben, sich freiwillig dem Unbekannten zu stellen und dadurch das notwendige Wissen zu erlangen, um das eigene Dasein am besten anzupassen? Eine bessere Definition von der Therapie durch Biologisches Dekodieren und Emotionale Umkehr zu finden wäre schwer! Wenn wir uns mit diesem Archetyp beschäftigen, der die Menschheit seit Tausenden von Jahren begleitet, können wir tatsächlich erkennen, dass es sich um einen geheimen Schlüssel handelt, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde, um uns von unseren Konflikten zu befreien und unsere Gesundheit auf allen Ebenen zu bewahren. Mit der Therapie, die ich anbiete, wird dieser Schlüssel erkundet und in die Praxis umgesetzt.
Parallelen zur Welt der Psychologie
Der Weg des Helden ist per Definition nicht der bequemste Weg, zumindest nicht kurzfristig – auf lange Sicht ist es jedoch der einfachste und lohnendste Weg. In der Psychologie ist bekannt, dass wenn unsere Weltanschauung, Pläne oder Handlungen durch das Vorhandensein von Fehlern in Frage gestellt werden – d.h. wenn die Ergebnisse, die wir haben, nicht diejenige sind, die wir bewusst anstreben – die erste Reaktion darin besteht, unsere Rolle bei der Entstehung dieser Fehler zu ignorieren. Tatsächlich werden die meisten Menschen alles tun, um ihre persönliche Realität nicht bewusst in Frage zu stellen, da mit einer solchen Infragestellung zunächst ein sehr starker emotionaler Stress verbunden ist, den wir "programmiert" sind zu vermeiden.
Beispiele, in denen wir unsere Rolle lieber ignorieren, anstatt ihr ins Auge zu sehen, sind im Leben eines jeden von uns üblich, insbesondere in Bezug auf unsere Beziehungen zu anderen. Dies äußert sich in wiederkehrenden Emotionen und Situationen in unseren Interaktionen. Es kann sein, dass wir uns oft missverstanden fühlen, als selbstverständlich angesehen werden, nicht geliebt werden, keinen Respekt erhalten, uns bedroht, angegriffen, klein, überlegen usw. fühlen. Es gibt Tausende von Möglichkeiten, und jeder hat seine eigene einzigartige Erfahrung damit. Im Allgemeinen neigen wir dazu, anderen dafür schuldig zu machen, da es von außen zu kommen scheint. Aber je mehr wir unsere Rolle in dem, was uns widerfährt, ignorieren, desto schwerwiegender und belastender werden diese wiederkehrenden Situationen in unserem Leben, bis hin zur Katastrophe. Diese kann sich auch auf verschiedene Weise manifestieren: durch Ablehnung durch unsere Angehörigen, Entwicklung einer Krankheit oder einfach nur durch ein elendes und verbittertes Leben.
Die andere Möglichkeit besteht darin, sich bewusst zu werden, dass wenn sich eine unangenehme Situation in unserem Leben wiederholt, wir sie provozieren. Warum provozieren wir sie? Die Antwort liegt in der Regel in unserer Kindheit und unserer Familiengeschichte. Schwierige emotionale Erfahrungen wurden verdrängt und vergessen, durch eine verzerrte Weltsicht und ein entsprechendes Verhalten ersetzt, von dem wir uns ohne Anstrengung nicht mehr befreien können. Wir müssen also zunächst den Mut haben, dem Unbekannten gegenüberzustehen, die Wahrheit über die Dramen unserer Vergangenheit zu entdecken und zu akzeptieren. Dann ist es die Veränderung unserer Wahrnehmung dieser Erfahrungen, die uns helfen wird, unsere Verhaltensmuster zu überwinden und eine neue, gesündere Grundlage für eine strahlende Zukunft zu schaffen. Um die besten Ergebnisse zu erzielen, müssen wir diesen Prozess in der Regel freiwillig durchführen, obwohl er Angst machen kann und wehtun kann. Deshalb nenne ich es der Weg des Helden, weil es dem initiatischen Prozess so ähnlich ist, den Helden in den meisten Mythologien durchlaufen.
Jordan Peterson bringt die Idee sehr gut auf den Punkt mit diesem Satz: "Das Licht, dem wir in unserem Leben begegnen können, ist wahrscheinlich proportional zu den Dunkelheiten, denen wir bereit sind, zu begegnen." Ich denke, das ist völlig richtig, und die größten Dunkelheiten in uns sind diejenigen, die uns psychisch oder körperlich krankmachen. Und der einzige Weg, sie zu neutralisieren, ist, sie ans Licht zu bringen. Natürlich bezieht sich "Dunkelheit" hier nicht auf das Böse, sondern auf das Verborgene, Verdrängte, Schmerzhafte (wie auch in den Mythologien).
Parallelen zu Initiationsriten
In den meisten traditionellen Kulturen nimmt der Weg des Helden sogar eine sehr praktische und konkrete Form an: die Initiationsriten. Diese Rituale werden oft für den Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter angewendet. Es geht in der Regel darum, symbolisch einen Teil der Persönlichkeit zu "töten", durch Rituale, die Mut erfordern, damit die Person wiedergeboren und als Erwachsener transformiert wird. Der Teil, der stirbt, ist derjenige, der in der Kindheit nützlich und angebracht war, aber nicht mehr der richtige ist, um die Herausforderungen und Verantwortlichkeiten des Erwachsenenlebens zu bewältigen. In der Therapie ist es genau dasselbe: Ein Teil muss sterben (die Strategien und Vergnügen der Kindheit, die nicht mehr angebracht sind), damit wir ohne ihre Ketten frei aufsteigen können. In der Therapie wie bei einer Initiation beinhaltet dieser Prozess oft eine große Herausforderung, zum Beispiel das erneute Durchleben unserer tiefsten Ängste und Leiden. Diese Herausforderung bewusst und ohne allzu viel Widerstand anzunehmen, ist sicherlich ein heroisches Akt.
Der Antiheld
In fast allen Mythologien finden wir auch den Archetyp des Antihelden, den gefürchtetsten Gegner des Helden, der oft als sein Bruder dargestellt wird. Der Held zeigt heroische Demut, das heißt, er ist sich bewusst, dass er nicht perfekt ist, dass er nicht alles weiß, dass er Fehler macht, aber er hat absolute Zuversicht in seine Fähigkeit, seine Grenzen zu überwinden, sich dem Unbekannten zu stellen und seine fehlerhaften Überzeugungen zu aktualisieren. Er weiß, dass diese Haltung der einzige Weg ist, der das Leben und die Gesundheit langfristig unterstützen kann.
Wo der Held Demut zeigt, zeigt der Antiheld in gleichem Maße Arroganz. Arroganz ist der Glaube an die eigene Allgegenwart, der Glaube, dass das, was wir wissen und denken, alles ist, was existiert, dass es nichts darüber hinaus gibt. Folglich ist der Antiheld vom Unbekannten erschrocken und bereit, alles zu zerstören, um die Existenz vom Unbekannten zu leugnen. Er versucht verzweifelt, das aufrechtzuerhalten, was einmal Sinn machte, aber heute nicht mehr. Dabei kann er nicht mehr an der Mitgestaltung einer besseren Welt mit seinen Mitmenschen und seiner Umgebung teilnehmen. Im Grunde besitzt er dieselbe Kraft wie der Held (sein Bruder), oder er wird oft sogar als noch mächtiger dargestellt. Aber der Weg des Antihelden (d.h. die Verleugnung) verwandelt ihn in einen verängstigten Tyrannen, besessen von Kontrolle und letztendlich krank und schwach.
Tatsächlich tragen wir alle sowohl den Helden als auch den Antihelden in uns. Der Kampf zwischen ihnen in der Mythologie repräsentiert den gleichen Konflikt, der sich in uns angesichts des Unbekannten, der Krankheit, des Unerwarteten abspielt. Die Verleugnung verursacht und erhält unsere Krankheiten und anderen Probleme, hindert uns daran, die Dunkelheit unserer Vergangenheit zu überwinden, und verhindert, dass wir eine hellere Zukunft erreichen. Diese "antiheroische" Verleugnung wird teilweise durch unsere verborgenen Vergnügen repräsentiert, sowohl als durch das Gefühl, dass wir nicht ohne sie leben können. All dies ist sehr normal, und es gibt keine Schande darin, "antiheroischen" Tendenzen zu haben, aber es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass es die heroische Demut ist, die uns den Mut geben wird, uns dem Chaos und die Dunkelheit unserer Vergangenheit zu stellen, um die Schlüssel zu finden, die wir brauchen, um uns zu verwandeln, um uns von unseren Konflikten und Krankheiten zu befreien und um die Zukunft aufzubauen, die wir uns wünschen.